Back to the Future
„Back to the Future“ betitelt Laureline Galliot das im Rahmen der Vienna Design Week 2015 mit der traditionsreichen Textilmanufaktur Backhausen entwickelte Projekt. Und tatsächlich signalisiert diese Zusammenarbeit einen Aufbruch und Neuanfang in der wechselvollen Geschichte des seit 165 Jahren hochwertige Textilien produzierenden Unternehmens.
Der Firmenname ist seit jeher eng mit dem Jugendstil und der Wiener Werkstätte verknüpft, so entstanden etwa Stoffe in Zusammenarbeit mit Josef Hoffmann, Koloman Moser oder Otto Wagner. Seit einem Jahr nun liegt das Schicksal der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten österreichischen Textilmanufaktur in den Händen von Louise Kiesling, der neuen Inhaberin.
Aus dem reichen Erbe des Backhausen Archives wählte die französische Produktdesignerin Laureline Galliot, geboren 1986, drei Entwürfe von Koloman Moser aus. In der Auseinandersetzung mit dem Phänomen Kolo Moser geht sie äußerst intim ans Werk. Galliots Interesse gilt gleichermaßen dem Menschen und stets suchenden Künstler Koloman Moser wie einzelnen Arbeiten und so reflektierte sie zunächst in sanften Strichen auf dem iPad die Binnenzeichnungen und Konturen sowie koloristische Stimmungswerte des berühmten Selbstbildnis Koloman Mosers von 1916. Die scheinbar spielerische Annäherung gelingt mit großer Meisterschaft. Das am iPad gezeichnete, bzw. gewischte Bildnis fängt die Intensität des Porträtierten erstaunlich getreu ein.
In den beiden Selbstbildnissen „Facing kolo n. 1“ und „Facing kolo n. 2“ verinnerlicht Galliot Kolo Mosers ernsten, suggestiven Blick und schlüpft förmlich mit weit geöffneten Augen und hochgezogenen Brauen in den Porträtierten. Ausgespart bleibt die oftmals als möglicher Hinweis auf die zu diesem Zeitpunkt bereits ausgebrochene Krankheit Kolo Mosers interpretierte Geste des auf seine Wundmale weisenden Christus.
„Tribute to Kolo Moser“ gibt den Prozess dieser Annäherung in der Ausstellung filmisch, als making of am iPad wieder. Das iPad als Medium der Malerei hätte Koloman Moser sicherlich begeistert, hatte er doch selbst experimentelle Wege beschritten, unterschiedlichste handwerkliche Techniken erprobt und sich u.a. von Katagamis inspirieren lassen.
So findet Kolo Mosers Design (Dess. 4500) eine Entsprechung in einem Katagami mit traditionellem „Koi-no-Takinobori“ Motiv aus dem Backhausen Archiv. Die, einen Wasserfall erklimmenden Kois sind ziemlich getreu ihrer Vorlage umgesetzt. In zwei Variationen dieses Designs für Stoffprints spielt sich Galliot von dem übermächtigen Vorbild frei. In „Overfishing“ sind die Karpfen förmlich ins Netz gegangen - ein bewegter Raster schwarzen Linien umfängt die Karpfen auf weißem Grund. „Fishes“ hingegen nimmt den Wasserfall in den Fokus - ein Rapport aus farbenkräftigen fließenden Linien und Formen. Beide Designs wurden in einem Digitaldruckverfahren umgesetzt.
Eine wunderbare webtechnische Umsetzung ist dem Backhausen-Atelier in Hoheneich mit Lauerline Galliots Interpretation von Kolo Mosers Design (Dess. 3806) „Doldentraum“, das bereits im Grand Palais des Champs Elysées auf der Pariser Weltausstellung 1900 sowohl ein Ausstellungssofa zierte als auch als Vorhang präsent war geglückt. Galliots Entwurf wurde mit unterschiedlichen Atlas-Bindungen auf einer einfarbigen Kette mit fünf Schusssystemen gewebt.
Louise Kiesling hat den Ausstellungsort gut gewählt: Es ist wie eine
Heimkehr. Hatte die Firma Joh. Backhausen & Söhne doch bereits an
der textilen Ausstattung der Postsparkasse, dieses Schlüsselwerks der
europäischen Moderne und der Wiener Jahrhundertwende mitgewirkt. Otto
Wagner hatte nicht nur den kühnen Bau entworfen sondern die gesamte
Innenausstattung, von der Türklinke bis zu den Beleuchtungskörpern. So
auch den von der Firma Joh. Backhausen & Söhne gefertigten
Knüpfteppich für den Sitzungssaal der Postsparkasse.
Vom 25.
September bis zum 2. November 2015 ist Backhausen nun wieder Gast im
großen Saal der Postsparkasse. Laureline Galliot hat ein schlüssiges
Konzept für die Präsentation ihres Dialogs mit Koloman Moser entwickelt
und bespielt den grandiosen Kassensaal Otto Wagners, dieser Ikone der
Wiener Moderne wunderbar. Die Umsetzungen der Entwürfe im Atelier der
Textilmanufaktur Backhausen mit Louise Kiesling als Creative Director
können sich sehen lassen!
Das Selbstportrait Galliots „Facing
kolo n. 1“ wurde im Atelier in Hoheneich in einer Schussdouble Technik
mit einer Kette und zwei Schusssystemen erstellt.
Galliots Version von Kolo Mosers Selbstporträt wurde in einer 6chorigen/4schüssigen Gobelintechnik gewebt.
WAGNER:WERK
Museum Postsparkasse
Georg Coch-Platz 2
1010 Wien
Finissage: 2. Oktober 2015, 17.00 - 20.30 Uhr
Text: Ursula Graf, Kunsthistorikerin. Freie journalistische Tätigkeit im Bereich Architektur, Design, Mode und Kunst für diverse Zeitschriften und Magazine. Seit 2013 Dissertationsstudium an der Akademie der bildenden Künste am Institut für das künstlerische Lehramt im Department für Moden&Styles “Ornament Sehnsucht. Das Backhausen Archiv – vom Ananasdamast zur Wiener Werkstätte”.