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© Naa Teki Lebar; Sophie Skach: Im Projekt ‚Text-und-ilien’ kollaborierte Sophie Skach mit der Autorin und Fotografin Naa Teki Lebar. Der Pulli ist mit Capacitive Touch Sensoren ausgestattet. Bei Berührung werden Textpassagen wiedergegeben. Der Gesamttext entwickelt sich in der Reihenfolge in der die Sensoren berührt werden, individuell.

Mit Wearables Gesprächsverhalten messen

Sophie Skach begann 2015 einen PHD an der Queen Mary University of London. In der Forschungsgruppe ‚Cognitive Science’ und ‚Performative Wearables’ ist sie die Mode-, Textil- und Strickexpertin. Ihre Kollegen sind Kognitionswissenschafter, Psychologen und Musiktechnologen.

Sophie Skach hat nach der Matura an der Modeschule Hetzendorf in Wien 1½ Jahre technische Mathematik studiert. Später konzentrierte sie ihre universitäre Ausbildung auf Modedesign. Das Mathematikstudium musste sie bei ihrer nachfolgenden Übersiedlung nach London endgültig aufgeben. Mathematische Phänomene, Formeln und Zahlen flossen aber weiterhin in Konzept und Strickmuster ihrer Kollektionen ein. Wenn sie heute Mikrochips in Textilien integriert, dann nennt sie das eine logische Evolution. Im folgenden Interview spricht sie über ihr Studium und ihren Zugang zu Wearables:

Wie kam deine Entscheidung zum PHD am Department für ‚Electronic Engineering und Computer Science’?

Das hat sich ergeben. Im Masterstudium am ‚London College of Fashion’ habe ich zufällig von dem neu zu schaffenden interdisziplinären Programm an der ‚Queen Mary University of London’ erfahren. Ich hatte mich damals schon an zwei Mode-Instituten beworben. Das interdisziplinäre Programm fand ich am spannendsten, weil ich mir so neue Methoden für meine Arbeit aneignen konnte. Mir fehlte der technische Hintergrund. Aber dort war man sehr entgegenkommend und erachtete mich wegen meiner Design- und Handwerkskompetenz für geeignet. 

Man hätte auch einen britischen Staatsbürger bevorzugen können?

Es gibt Stipendien, die nicht für alle Nationalitäten verfügbar sind, aber im Zugang zum Studium gelten für alle die gleichen Voraussetzungen. Was zählt, ist der fachliche Hintergrund. Diversität spielt eine große Rolle. Ein Drittel der Mitarbeiter am Institut sind Briten – alle anderen kommen aus Asien und Europa. Soweit ich weiß, bin ich die einzige Österreicherin. Aber es gibt noch einen Schweizer und ein paar Deutsche. 

Du hast die Möglichkeit, am Aufbau des Departments mitzuwirken?

Als Doktorandin gelte ich offiziell als Studentin und bin Teil einer kleinen Forschungsgruppe. Gleichzeitig arbeite ich am Aufbau des Labors mit und war auch am Maschinenkauf beteiligt – speziell der Strickmaschine. Ich war die einzige im Department, die wusste, worauf es ankommt. Jetzt steht sie im Labor und wird von zwei Personen benutzt. Wir haben auch einen Webstuhl, eine Stickmaschine, eine Nähmaschine, einen 3D-Drucker, einen Vinyldrucker, einen Laser-Cutter, einen Silberdrucker und eine Lötwerkstatt. In der Lötwerkstatt werden Garne und Mikrochips verbunden und Stromkreise gebaut.

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© Sophie Skach Portrait

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© Naa Teki Lebar; Sophie Skach: Im Projekt ‚Text-und-ilien’ kollaborierte Sophie Skach mit der Autorin und Fotografin Naa Teki Lebar. Der Pulli ist mit Capacitive Touch Sensoren ausgestattet. Bei Berührung werden Textpassagen wiedergegeben. Der Gesamttext entwickelt sich in der Reihenfolge in der die Sensoren berührt werden, individuell.

Wie werden Kognitionswissenschaften und Wearables verbunden?

Mit E-Textiles (Anm. d. Red.: elektronischen Textilien) tut sich ein neues Forschungsfeld in den Kognitionswissenschaften auf. Sie bieten eine neue Form der Messung von Körperdaten. Umgekehrt ist der Aspekt, dass man eine soziale Situation mit elektronischen Daten auswertet auch im Bereich E-Textiles neu. Es geht um den sozialen Aspekt und wie soziale Interaktion mit Technik erweitert werden kann. Bisher hat man in dem Bereich mit Gadgets wie Armbändern und Ketten gearbeitet. Textil ist ein weniger auffälliges und natürlicheres Medium. Menschen sind ständig in Kontakt mit Textilien. Teppiche, Möbel, Kleidung ... Stoffe stellen die Berührung mit der analogen Welt dar. 

Worin besteht deine Aufgabe in der Forschungsgruppe?

Ich versuche einen systematischen Zugang zu Stricksensoren zu entdecken und herauszufinden, welche Sensoren für welche Materialien geeignet sind. Verschiedene Strukturen haben verschiedene Eigenschaften. Ich arbeite mit leitenden Materialien und experimentiere mit einer Faser mit 20%-Stahlanteil und einem Garn, das mit einem Silberfilm aufbereitet ist. Das Material schließe ich an einen Mikrochip an und teste verschiedene Dinge, die ich in der Programmierung festlege, wie z.B. elektrischen Widerstand. So sammle ich Daten in Bezug auf Kleidung. Zuletzt habe ich z.B. Stricksensoren auf Stretch untersucht. Die Frage war, wie sich Stretch bei Abbiegen des Knies verhält. 


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© Sophie Skach; Skizzen: Mit Wearables Daten über das soziale Gesprächsverhalten sammeln: Relevant sind körpersprachliche Handlungen wie Berührung und Selbstberührung. .

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© Sophie Skach; Das leitende Material wird an einen programmierten Mikrochip angeschlossen, um Daten für Forschungsfragen zu sammeln.

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© Sophie Skach Ars Electronica 2018

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Wie erschließt sich der soziale Aspekt des Projekts?

Herkömmliche Messtechniken zur Sammlung von Körperdaten sind Kameras oder das ‚Motion Capture System’. Mit der Integration von Sensoren in Textilien wird die Datensammlung simplifiziert. Neu in meiner Arbeit ist die Information über soziale Interaktionen. Von Sommer 2016 bis Februar 2017 habe ich an einem Projekt gearbeitet, in dem ich gewebte Drucksensoren zur Bewegungsmessung in den Stoffbezug von Stühlen eingearbeitet habe. Durch die Aufzeichnung der Bewegungen, die darauf stattfanden, wollte ich die Frage nach der sozialen Rollen- und Machtverteilung von Gesprächspartnern klären. In der Deutung von Körpersprache und Gestik arbeite ich mit Experten, die mit Konversationsanalyse vertraut sind. Der Inhalt des Gesprächs und die Person bleiben ausgeklammert - die Privatsphäre gewahrt. Durch die Daten aus den Drucksensoren können wir Sprechen, Lachen und Hörersignale unterscheiden. Jede Handlung ist mit einer bestimmten Druckmusterverteilung auf der Sesseloberfläche verbunden. 

Für deine Doktorarbeit arbeitest du mit Kleidung?

Zur Zeit entwickle ich eine Hose mit integrierten Sensoren, die Körpermessungen vornimmt. Dabei achte ich auf Berührung und Selbstberührung. In der Datenauswertung versuche ich herauszufinden, ob es eine Aussage über mein Sozialverhalten hat, wenn ich meine Beine überkreuze und/oder meine Hand auf mein Knie lege etc. 


Über Sophie Skach:

Sophie Skach (28) hat die Modeschule Hetzendorf in Wien absolviert und nahm im Anschluss daran das Studium der Technischen Mathematik an der TU Wien auf. Nach drei Semestern begann sie parallel dazu wieder an Modeprojekten zu arbeiten und besuchte den Bachelor-Lehrgang für Modedesign an der Kunstuniversität Linz. Nach dessen Abschluss übersiedelte sie 2012 nach London, um ihre universitäre Ausbildung am ‚London College of Fashion’ im Studiengang ‚Fashion Design Technology Menswear’ fortzuführen. Seit 2015 ist sie Doktorandin an der Queen Mary University of London in der Forschungsgruppe ‚Cognitive Science’ und ‚Performative Wearables’. Ihre fachliche Expertise liegt bei Männermode und Strickdesign. Erste praktische Erfahrungen konnte sie in Kollaboration mit österreichischen Partnern wie Swarovski, Getzner und Skiny sammeln und im Design Department von Son of a Tailor in Kopenhagen. austrianfashion.net hat bereits zweimal mit Sophie Skach kollaboriert: 2013 war sie unter den TeilnehmerInnen des ersten Internationalen Fashion Showcase ‚Another Austria’ in London. 2016 lieferte sie einen Beitrag zur Ausstellung ‚ReFashioning Austria’ im Liu Haisu Museum in Shanghai. Neben anderen österreichischen DesignerInnen kreierte sie ein Outfit nach den Werken des Künstlers Liu Haisu, dem das Museum gewidmet ist.

http://www.sophieskach.com/

Interview: Hildegard Suntinger

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